Etappe 1 - Gehzeit ca. 8 Stunden // 1.260 Hm im Aufstieg // 1.030 Hm im Abstieg // 17,7 km
Der Ausgangspunkt der 5-tägigen „Herzass Villgratental" Wandertour ist das Bergsteigerdorf Außervillgraten in Osttirol. Vom Dorfzentrum geht es hinauf über neun Almen in luftige Höhen und von dort weiter zur Reiterstube. Sobald man die dunklen Fichtenwälder passiert hat, gelangt man von lichten Lärchenwäldern über die Waldgrenze zu herrlich blühenden Almrosenwiesen. Allein schon für den traumhaften Blick auf die Sextener Dolomiten hat sich die Wanderung gelohnt. Zu den Dolomiten gehört auch der mächtige Berg Haunold, der größte der Haunoldgruppe. Massiv und stark sticht dieser Gipfel hervor, dass man sich im Volksmund darum auch die Sage vom Riesen Haunold erzählt, und das diese Sage etwas mit dem Villgratental zu tun hat, wissen nur wenige.
Blick vom Herz-Ass Weg Richtung Dreischusterspitze, Drei Zinnen & Haunold. © Franz Bergmann
Haunold war der Sohn eines römischen Feldhauptmannes. Im Kampf gegen die Hunnen starb sein Vater. Durch eine List konnte die Amme von Haunold mit dem Bub fliehen ins hinterste Villgratental. Dort traf sie die Hexe „Lottermoidl“, welche der Frau den Rat gab sich bei einer nah gelegenen Quelle „Admirabus“ zu verstecken. Das Wasser dieser Quelle war besonders – man sagt „wundertätig“ – da Haunold zu einem starken riesengroßen Mann heranwuchs. Während dieser Jahre errichteten die Hunnen die Burg „Heinfels“ und herrschten in schrecklicher Art über das Pustertal. Als Herzog Tassilo in diese Gegend kam und bei St. Oswald lagerte, besuchten ihn Bauern aus der Region und flehten ihn um Hilfe an, die Herrschaft der Hunnen zu beenden. Er versuchte der Bitte nachzukommen und belagerte die Hunnenburg, scheiterte doch mehrmals dabei Heinfels einzunehmen. Auf der anderen Seite gelang es dem Hunnenfürst nicht, Herzog Tassilo zu schlagen, sodass sie übereinkamen die Entscheidung der Schlacht im Zweikampf zu fällen. Da der Hunnenfürst von so mächtiger Gestalt war, wollte sich niemand ihm entgegenstellen. Der Herzog hatte von Haunold gehört und schickte einen Boten zur Quelle Admirabus, um den Riesen um Beistand zu bitten. Dieser willigte ein und an der Mündung des Sextenerbaches in die Drau kam es zum Kampf zwischen Haunold und dem Hunnenfürst. Der Riese überwand den Hunnen und riss ihm eine Rippe heraus, welche noch heute über dem Tor des Innichner Domes hängt. Zum Dank für die Beendigung der grausamen Hunnenherrschaft, errichtete Herzog Tassilo das Kloster Innichen. Auch beim Bau wirkte Haunold tatkräftig mit, wofür er als Entlohnung für seine harte Arbeit eine tägliche Mahlzeit verlangte: Ein Kalb, drei Scheffel Bohnen und ein Fass Wein – und zwar auf Lebenszeit! So wurden die Innicher auch nach der Fertigstellung der Stiftskirche nicht mehr los und die Mahlzeiten kamen ihnen teuer zu stehen. Mit aller Mühe schafften sie es Haunold loszuwerden, worauf er sich enttäuscht als Einsiedler zurückzog. Noch heute schläft er im gleichnamigen Berg „Haunold“ und wartet auf den Anbruch der verheißenen Zeit – heißt es in der Sage.
Etappe 2 - Gehzeit ca. 7 Stunden // 1.200 Hm im Aufstieg // 850 Hm im Abstieg // 13,8 km
Von der Reiterstube über den Salzsteig zur Volkzeinerhütte führt die 2. Etappe der Herzass Villgratental Wanderung. Hier genießt der Wanderer einsame Natur und wandert über Wiesen und Hochtäler vorbei an Viehpferchen, die von Hirten und ihren Herden aus längst vergessener Zeit erinnern. Ganz oben eröffnen sich weite Blicke nach Süden und Norden. In ihrer vollen Pracht zeigen sich die großen Bergpersönlichkeiten der Ostalpen, Großvenediger, Großglockner und vielen andere. Angekommen in der Volkzeinerhütte munkelt es aus den Ecken und Wäldern, die Sage der Pech Ziska.
Die Volkzeinerhütte. © Grüner Hannes
Laut den Überlieferungen verbrachte die Pech Ziska jeden Sommer als Sennerin im Volkzein. Sie war als ausgelassene und gottlose Frau bekannt. Jedes Jahr bereitete sie für den Hochfrauentag „Maria Himmelfahrt“ einen Almtanz in ihrer Kaser vor. Sämtliche Hirten aus den benachbarten Almen trafen sich hier. Krapfen und Schnaps waren in Fülle bereitgestellt jedoch fehlten am Abend zu Beginn des Tanzes noch immer die Musikanten. Das Hirtenvolk wurde ungeduldig woraufhin Ziska rief: „Musikanten bring’ ich genug! Ich bin ja heut’ so gut aufgelegt, dass ich mit dem Teufel selber tanzen möchte, wenn er hier wäre. Zuerst muss ich aber den Weihbrunnkrügel wegtun und die Heiligenbilder umdrehen!“. Nachdem dies geschehen war, ergriff Ziska einen Stock, ging vor die Hütte, stieß damit dreimal auf den Boden und schrie: „Musik heraus!“. Sogleich krochen Männlein aus der Erde, rannten in die Alm-Stube und entlockten ihren Instrumenten gar wilde Weisen. Ein Tanzen, Johlen und Schreien begann bis in die frühen Morgenstunden. Als vom Dorf die Töne der Kirchenglocke hinauf erklangen, stürtzte sich die Schar der feurigen Männlein auf die Tanzenden und zerrte sie fort in die Berge. Die Sennerin Ziska kam als erste zur Mittagszeit zurück zu ihrer Hütte und ging wieder an ihre Arbeit. Seither wurde sie in der Gegend von allen jedoch als Hexe und Zauberin gefürchtet und gemieden.
Etappe 3 - Gehzeit ca. 6 Stunden // 830 Hm im Aufstieg // 1.000 Hm im Abstieg // 12,6 km
Die Etappe 3 führt von der Volzeiner Hütte über den sogenannten „Weg der Quellen und des Wassers“ zum „Schrentebachboden“ – einer legendären Alm- und Quelllandschaft auf 2.380 m. Von dort geht es zur Arntaler Lenke, wo sich ein ganz neues Panorama auftut: Erstmalig zeigen sich die Dolomiten und der Großglockner im Norden nimmt Abschied vom Wanderer. Nicht weit von dieser Lenke befindet sich der Degensee und das sagenumwobene „Goldtrögele“. Gefolgt vom Abstieg zum Etappenziel der Ober- und Unterstalleralm.
Der Schrentebachboden. © Franz Bergamann
Die Sage vom „Goldtrögele“ spielt im Winkeltal – dem hintersten Eck vom Villgratental. Dort liegt die Nordflanke der Hochrabe, wo sich einst der letzte Gletscher des Tales befand, und den Namen „Wilde Platte“ trägt. Ein Hirte, dessen Name unbekannt, pirschte dort, wie so häufig einen Weg, um nach seinem Vieh Ausschau zu halten. An diesem wunderschönen Tag entdeckte er am Weg eine Steinplatte, die an einem Felsen lehnte. Nach längerem Betrachten siegte seine Neugier und es gelang ihm unter großer Anstrengung die Steinplatte vor dem Felsen weg zu wälzen. Voller Erstaunen über das was sich vor seinen Augen darlegte, sprang er ein paar Schritte zurück. Vor ihm lag die Steinplatte, worin auf der Innenseite ein Kelch eingemeißelt war. Als er sich näherte erblickte er ein mit Gold gefülltes Trögele. Dieses, als auch die gesamte Umgebung, glänzte im Sonnenlicht. Lange stand er regunglos dar und prägte sich alles sorgfältig ein, bis er die Fundstelle verdeckte, damit ja kein anderer sie entdeckte. Um die Stelle wiederzufinden hinterließ er ein nur für sich erkennbares Zeichen. Voller Glück erfüllt ging er über die weiten Böden des Schrentebachs zurück auf seine Alm. Der Kelch, so konnte er in Erfahrung bringen, war das Symbol der Innichner Herrschaft. Der Hirte konnte es kaum erwarten wieder zu seiner Entdeckung zurück zu kehren. Als sich ein günstiger Moment ergab und er die Möglichkeit hatte wieder in diese Gegend zu kommen, konnte er trotz aller Anstrengung und seines hinterlassenen Zeichens jedoch die Stelle und seinen goldenen Fund nicht mehr entdecken. So sehr er auch suchte, das Goldtrögele blieb ihm bis zum Ende seiner Lebzeiten verborgen.
Etappe 4 - Gehzeit ca. 6 Stunden // 1.180 Hm im Aufstieg // 1.270 Hm im Abstieg // 12,6 km
Über die Jöcher und alte Schmuggler- und Hirtenwege führt die vierte Etappe auf dem Bonner Höhenweg von der Untersteller Alm entlang von seltsam klingenden Flurnahmen zum Schwarzsee, zum Heimwaldjöchl und weiter nach Kalkstein. Auf dem Jöchl eröffnet sich Richtung Süden ein atemberaubender Blick zu den Südtiroler Dolomiten, die den Wanderer ab diesem Punkt bis zum Tourenende begleiten. Im Nordwesten erblickt man den Alpenhauptkamm mit den 3000endern Großer Löffler, Schwarzenstein, Hochfeiler uva. Schaut man vom Joch Richtung Norden zeigt sich die Rote Spitze mit ihren steilen und schroffen Wänden. Genau von diesen Wänden erzählt man sich die Sage der Schatzwände.
Blick auf die Rote Spitze mit ihren Schatzwänden In der Mitte das kleine Dorf die Oberstaller Alm. © Ossi Fürhapter
„Wo hat der Kafte Tenigl nur das viele Geld her“, rätselten die Villgrater, als das bisher arme Bäuerlein eines Tages Grund und Boden am unteren Lahnberg erwarb und zu bauen begann. Tenigl, der in einer armseligen Hütte hauste, die ständig Vermurungen ausgesetzt war, und nur eine Kuh, eine Geiß und einen kleinen Wiesenfleck sein eigen nennen konnte. Doch nun hatte sich das Glücksrad zu seinen Gunsten gedreht. Ohne auf die neugierigen Fragen der Nachbarn zu achten, holte er sich Handwerksleute vom Sillianberg und baute fleißig drauf los, so dass der Villgrater in kurzer Zeit ein schickes Haus mit einem großen, hölzernen Futterhaus errichtet hatte. Wald, Feld und Vieh wurden gekauft und zu guter Letzt Hochzeit gehalten. Sein Weib schenkte ihm zwei Söhne, die, bescheiden und in Gottesfurcht erzogen, tüchtige Bauern zu werden versprachen. Tenigls Reichtum schien unerschöpflich zu sein. Als Tenigl eines Tages wegen eines Geschäftes im Kapitelhaus zu Innichen vorsprach, erlaubte er sich den Spaß, den Kapitelamtsmann zu fragen, wie viel er für den Villgrater Zehent verlangen würde. Denn er sei willens, diesen aufzukaufen. Lachen nannte der Amtsmann – der aber an einen Verkauf dieser Einkünfte nicht dachte – eine sehr hohe Summe. Zudem stellte der Kapitelamtsmann die Bedingung dass das Geld binnen 24 Stunden bei ihm eingelangt sein müsste, andernfalls müsse Tenigl eine tüchtige Buße zahlen. Wie das Sprichwort sagt: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt, fiel der Amtsmann sprachlos in seinen Polstersessel, als Tenigl – noch vor Ende der vereinbarten Frist – bei ihm erschien und die schweren Dukaten auf den Tisch zählte. Somit kam nun der Amtsmann in Verlegenheit, hatte er das Ganze doch als Scherz betrachtet. Das Stift dacht nicht daran, den Villgrater Zehent zu verkaufen. So einigte man sich mit Tenigl ihn und seine Leibeserben für seinen Hof auf ewige Zeiten alle Abgaben zu erlassen, wenn dieser von diesem Handel zurückstehe. Als Jahre später wieder ein wunderschöner Herbst zu Ende ging, lag der Kafte Tenigl in seiner Kaser auf der Oberstalleralm im Sterben. Bis zu jenem Zeitpunkt hatte er noch zu keinem Menschen über die Quelle seines plötzlichen Reichtums gesprochen. Nun gedachte er als Vermächtnis seinen Söhnen die Fundstelle des Goldes in der „Reate“ zu zeigen. Er bat die Beiden ihn auf einer Tragebahre zu betten und in die Schatzwände zu tragen. Sie folgten dem Wunsch ihres schwerkranken Vaters, doch bereits in der Milate-Lärche trat ihnen der Tod entgegen. Tenigl hauchte sein Leben aus und nahm sein Geheimnis mit ins Grab.
Der Schwarzsee. © Ossi Fürhapter
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Etappe 5 - Gehzeit ca. 9 Stunden // 1.300 Hm im Aufstieg // 860 Hm im Abstieg // 22,4 km
Etappe Fünf führt vom Weiler Kalkstein über blumenübersäte Mäher empor auf den Grenzlandweg – auch als Bonner Höhenweg bekannt – weiter in Richtung Thurntaler. Die berühmten „Drei Zinnen“ der Sextener Dolomiten sind die absoluten Stars dieser Strecke. Bei diesem eindrucksvollen Anblick vergisst man beinahe, dass hier einst tobende Grenzkämpfe ausgefochten wurden, von denen noch heute unübersehbare und mahnende Reste in der Landschaft zu finden sind. Bevor man an der Abzweigung den Abstieg in die Bergsteigerdörfer Innervillgraten oder Außervillgraten oder den Hauptort des Pustertals Sillian wählt, erreicht man den Thurntaler See. Dieser Bergsee ist eng mit der Sage des Thurntaler Urban verbunden.
Der Thruntaler See. © YellowSPORTS.at
Der Thurntaler Urban war ein armer Tagwerker in Unterwalden. Mit seinem Weib Urschl fristete er ein kümmerliches Leben. Um nebenbei noch dazu zu verdienen, sammelten sie in den Bergen Heilkräuter. Diese versuchten sie auf dem Markt in Sillian zu verkaufen. Doch das Geschäft verlief von Tag zu Tag schlechter. Da alle lieber bei den fremden Kräuterkrämern einkauften. Auch der Versuch mit der Ware von Hof zu Hof zu hausieren scheiterte, überall wurde das Paar bei Tür und Tor hinausgeworfen. Urban packte der reine Zorn und er schwor Rache. Auf dem Heimweg fluchte er so lange und laut bis der leibhaftige Teufel vor ihm erschien. Urban schrie: „Mir kannst du auch nicht helfen, schwarzer Teufel! Mach dich fort!“. Der Teufel rief darauf: „Was immer du willst, alles sollst du haben, wenn du mir als Gegendienst deine Seele verschreibst!“ Ohne nachzudenken willigte Urban den Handel ein und unterschrieb mit seinem Blut. Ab dann hatten alle Bauern arg zu leiden denen Urban etwas heimzuzahlen hatte. Durch seine verliehene Teufelsmacht schadete jede, wo und wie er nur konnte. Viele kamen durch ihn um Haus und Hof, Hab und Gut. Als die Leute jedoch merkten wer der Täter und für alles Übel verantwortlich war, verjagten sie ihn sofort. Urban und Urschl flüchteten zum Thurntaler See, wo sie fortan in einem Felsloch hausten. Doch auch dort frönte er seiner Rache: Wenn er mit seinem Stecken Wellen ins dunkeltiefe Wasser schlug, zog schnell ein wildes Unwetter auf das in der ganzen Gegend großen Schaden anrichtete. Tobten Blitz und Donner am Himmel, fuhren Urban und sein Weib in einer hölzernen Milchschüssel durch die Lüfte. Der Höllische selbst ritt zeitweilen sogar mit ihnen mit. Eines Tages nahm Urban Pickel und Schaufel zur Hand. Er begann das Ufer abzugraben, um den Thurntaler See auszulassen, damit ganz Sillian überschwemmt und verschüttet würde. Ein zufällig vorbeikommender Hirtenbub sah dies und schlug Alarm. Das Volk eilte zur Kirche, flüchtete sich ins Gebet und läutete die Glocken der „Großen Löfflerin“. Urban hörte das Geläut wodurch seine höllische Kraft gebrochen war. Gequält schrie er auf: „Weil ich den Stier in Sillian brüllen hörte, kann ich nicht mehr weiter!“ Voller Wut war er Schaufel weit von sich, noch heute wächst dort wo sie niederfiel nichts mehr und wurden zu schwarzen Flecken. Doch Urban gab nicht auf und trieb weitere Stücke, bis eines Tages der Arm der Gerechtigkeit ihn und Urschl ergriff und sie beide in ein Loch steckte. Zuletzt wurde er gehängt und sie geköpft bevor die Leichen verbrannt wurden und man anschließend ihre Asche in alle vier Winde verstreute.