LS: Wie war es im Wasser, Jörg?
JW: Traumhaft schön. So ganz alleine in einem See zu schwimmen, ist für mich der Inbegriff von Freiheit. Und es war nicht einmal kalt.
LS: Das sagst Du. Der Thurntaler See hat kaum zweistellige Temperaturen. Und dann ist es Dir nicht kalt?
JW: Nicht wirklich. Natürlich ist das Wasser frisch. Aber ich friere nicht. Okay: Ich mache das seit etlichen Jahren. Auch ich empfinde die Kälte. Aber nicht mehr als unangenehm, sondern als wohltuend. Das war ein längerer Prozess und hat mit meiner mentalen Einstellung zu tun.
Schwimmen in Bergseen ist Jörgs große Leidenschaft
"alleine in einem See zu schwimmen, ist für mich der Inbegriff von Freiheit"
LS: Wie das? Du kannst ja nicht einfach sagen, das Wasser ist warm, obwohl es kalt ist!
JW: Das stimmt. Kalt ist kalt, warm ist warm. Aber zum einen ist das relativ und zum anderen: Wenn ich weiß, dass das Wasser kalt ist, kann ich mich gedanklich und somit auch physisch darauf einstellen. Ich beeinflusse das, in dem ich die vielen Aufenthalte im kalten Wasser nicht als schmerzhaft abspeichere, sondern mit einem positiven Anker in meinem Gedächtnis behalte. Und schon freue ich mich darauf.
LS: Das hört sich nach einem anderen Mind Set an?
JW: Wir Menschen können so viel verändern, wenn wir uns nur bestimmte Dinge bewusst machen. Das hat etwas mit Achtsamkeit und mit Neugier zu tun. Ich höre in mich hinein, spüre, was sich in meinem Körper abspielt, wenn ich im kalten Thurntaler See schwimme. Merke ich, dass ich auskühle, gehe ich raus. So einfach. Aber ich muss es bemerken. Dafür muss ich achtsam sein und richtig atmen.
LS: Über die Atmung kannst du das steuern?
JW: Genau. Zumindest in großen Teilen. Normalerweise verfallen wir, kommen wir in kaltes Wasser, in Schnappatmung. Dagegen kann ich angehen, indem ich bewusst in den Bauch atme. Dann empfinde ich die Kälte nicht mehr als Schmerz, sondern als belebendes Element.
LS: Was war das kälteste Wasser in dem du geschwommen bist?
JW: Das war im Natureispalast im Hintertuxer Gletscher. Dort hat das Wasser ganzjährig leichte Minusgrade, etwa 0,5 Grad unter null. Ganz ehrlich: Das ist „zapfig“.
Jörg im Natureispalast Hintertuxer Gletscher bei etwa 0,5 C
LS: Lassen sich Deine Bergtouren immer mit dem Schwimmen verbinden?
JW: Oft ja. Komme ich von einem Gipfel, kühle ich mich gerne in einem Bergsee ab. Im Winter schwimme ich zuhause in Hamburg ganzjährig draußen, bei Wassertemperaturen um zwei Grad. Nach einer Skitour habe ich das noch nicht ausprobiert, auch weil ich nicht so häufig Skitouren machen kann. Aber klar geht das.
LS: Und wie findest du es hier oben am Thurntaler See?
JW: Atemberaubend. Atemberaubend schön. Der See ist zwar nicht groß und etwas trüb, aber er liegt so herrlich eingebettet in die grünen Kuppen auf diesem Hochplateau. Nur ein paar Schritte weiter stehst du am Jugendkreuz und schaust in die Sextener bzw. Lienzer Dolomiten und auf den Karnischen Höhenweg. Wen das kalt lässt, ist selber schuld. Eine tolle Kulisse, zum Weinen schön… sagenhaft. Und beschwimmbar. Was will ich mehr…
Der Thurntaler See im Osttiroler Villgratental
Mehr über Jörg Wunrams Erlebnisse auf www.eventoplena.de - Berge, Wasser und Geschichten. Das Gespräch führte Christof Schett.